Rausch der Höhe, Rausch der Tiefe

Highly Grounded auf eiszeitlichem Grund

Gesteinsschichten im Baugrund

Der Elbtower setzt schon vor Baubeginn technische und planerische Meilensteine. Noch nie wurde die Geologie eines Baugrunds in Deutschland so tief untersucht.

Wer in Hamburg in die Höhe will, muss tief graben. Und das trifft umso mehr auf den Elbtower zu, der in wenigen Jahren schon der Freien und Hansestadt seinen eleganten Schwung verleihen wird. Denn Hamburg ist ja nicht allein auf Vertrauen und Zuversicht errichtet, sondern steht auf historisch gewachsenem, typisch nordeuropäischem Boden. Die Eiszeiten der letzten paar Hunderttausend Jahre und Jahrtausende menschlicher Siedlungsgeschichte machen sich hier bemerkbar.

Von Anfang an war daher klar, dass der Elbtower fest im Boden verankert werden muss. Ein solches Bauwerk kann nur dann in den Himmel ragen, wenn es tief gründet und auf Pfählen ruht, die die ungeheuren Gewichte und Kräfte sicher in den Untergrund ableiten.

Gesteinsschichten im Baugrund

Ein Blick ins Erdreich

Das hat planerische Folgen: Die Bauunternehmen müssen aus den oberen Schichten des Baugrunds immer tiefer gehen. Nur auf den ersten Metern finden sie die Spuren der menschlichen Besiedlung: Aufschüttungen, Geröll und Abfälle. Weiter in der Tiefe sind die Schichten – Tausende, Hunderttausende – ja sogar Millionen Jahre alt.

Fast zwei Jahre haben die Untersuchungen des Baugrunds in dem Areal an den Elbbrücken gedauert. „Wir mussten viele verschiedene Baugrundaufschlüsse mit unterschiedlichen Verfahren durchführen“, sagte Dr. Hatice Kaya-Sandt vom Planungs- und Beratungsbüro GuD/BBI.

Bis zu 70 Meter tief gingen die Bohrungen, mit denen die Geologen und Ingenieure Erkenntnisse über das Baufeld gesammelt haben. Auch unterirdische Hindernisse wie Geröllschichten aus den letzten Eiszeiten schreckten die Ingenieure nicht. „Im eigentlichen Towerbereich sind wir bis zu 207 Meter in die Tiefe gegangen. Da haben wir Meter für Meter Proben aus dem Boden geholt und begutachtet“, sagt Kaya-Sandt. Spezialisierte bodenmechanische Labore analysierten außerdem, wie sich das Gestein und der Boden unter dem hohen Druck und der Beanspruchung durch die künftigen Pfähle verhalten.

»Im eigentlichen Towerbereich sind wir bis zu 207 Meter in die Tiefe gegangen. Da haben wir Meter für Meter Proben aus dem Boden geholt und begutachtet«

Dr. Hatice Kaya-SandtPlanungs- und Beratungsbüro BBI

Eine Stadt auf der Gletscher-Rinne

Herausgekommen sind neue Erkenntnisse über Hamburgs Untergrund: Weit unten im Boden liegen Rinnen, die einst die eiszeitlichen Gletscher prägten. Wie tief und breit sie sind, weiß heute zwar niemand genau, doch dort, wo der Elbtower stehen soll, herrscht Klarheit. Viele Schichten aus unterschiedlichen Ablagerungen wechseln sich hier aufeinander ab. Der sogenannte Lauenburger Ton – auch er ist ein Relikt mehrerer Eiszeiten – zieht sich in verschiedensten Formen als mehr oder weniger dicke Schicht aus dem 50 Kilometer entfernten Lauenburg bis zu den Elbbrücken. Teils sind die Bodenschichten nur ein paar Dezimeter, an anderer Stelle bis zu 10 Meter tief. Sie sind längst nicht wie im Modell als homogene Schicht verfügbar, sondern verlaufen in Wellen und Senken, mit vielen großen und kleineren Übergängen zu anderen Sedimentschichten. „Ein Nebeneffekt unserer Untersuchungen ist, dass wir neue Erkenntnisse über die Tiefengeologie in diesem Raum gewonnen haben. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen hat daher das Geologische Landesamt dankbar aufgenommen“, erklärt Kaya-Sandt.

Doch es hat sich herausgestellt, dass die Ablagerungen einem künftigen Bauwerk keinen Halt geben und bei den Lasten des Elbtowers zu unverträglich großen Setzungen führen würden. Deshalb müssen die Turmbauer tragfähige Schichten finden und den vorhandenen Baugrund sinnvoll ausnutzen, um die Gründungspfähle des Elbtowers sicher zu verankern.

Arbeiten auf der Elbtower-Baustelle

Probepfähle von unerreichter Tiefe

Nach den Untersuchungen versenkten Spezialbaufirmen Probepfähle im Boden: Mit einem Durchmesser von fast zwei Metern reichen diese Zylinder aus Beton und Stahl bis zu 111 Meter tief in den Boden. Noch nie zuvor wurden in Deutschland solche langen Pfähle in die Erde gebracht. Sie sollen den Nachweis erbringen, dass sowohl Boden als auch Pfähle die ungeheure Belastung durch das künftige Bauwerk sicher aufnehmen. „Noch heute ist jede Pfahlbohrung spannend“, sagt die Geotechnikerin, „wir überwachen das sehr genau.“

Mit den Erkenntnissen aus Bodenuntersuchung und Probebohrung haben Tragwerksplaner die Anzahl und Tiefe der Gründungspfähle berechnet: 63 Stück werden nun gefertigt und in den Boden gesenkt. Auch sie haben gigantische Ausmaße. Mit einer Länge von 83 Metern unter dem aktuellen Gelände überragen sie die meisten Saturn-Weltraumraketen. Ihre Aufgabe wird es sein, die Lasten des Elbtowers ins Erdreich zu lenken. Bis zu 100 Tonnen Gewicht des Turms drücken später auf jeden Quadratmeter, sogar im Sockelbereich beträgt die Last noch fast die Hälfte.

Ein architektonisches Versprechen

Sicher, man hätte für einen 245 Meter hohen Turm eine einfachere Gründung finden können. Doch nur an diesem Ort kann der Elbtower das erfüllen, was er konzeptionell verspricht: einen virtuosen Schlusspunkt für ein städtebauliches, architektonisches und der Zukunft zugewandtes Konzept.

Derzeit wird die Baugrube an den Elbbrücken ausgeführt. Um das Zulaufen von Grund- und Elbwasser zu verhindern, muss sie dicht umschlossen sein. Mehr als 40.000 Quadratmeter Dicht- und Schlitzwände lassen die Ingenieure aufstellen.
Allein diese Schutzwände sind kleine Meisterwerke. Bis zu 55 Meter tief reichen sie in die Erde, stützen den Geländesprung und dichten die Baugrube ab.

Bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten für die Baugrube abgeschlossen sein. Dann wird die Bewehrung für das bis zu vier Meter dicke Fundament des Gebäudes gelegt, das anschließend in einem unglaublichen Kraftakt gegossen wird. In vier Jahren schon wird dann der Elbtower in Hamburgs Himmel ragen. Hoch über den Spuren, die die riesigen Gletscher in den letzten Eiszeiten in Hamburgs Boden geschliffen haben.

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