“Da schlägt das Herz schneller”

Nachhaltiger Zement im Elbtower

Zwei Menschen vor einem Schaufelbagger

Der Elbtower wird das neue Wahrzeichen Hamburgs: Für den Bau liefert Holcim einen neu entwickelten und nachhaltigen Zement. Im Gespräch erläutert Holcim-Produktmanager Dimitri Stroh, was es damit auf sich hat.

Wenn der Elbtower steht, sind rund 120.000 Tonnen Beton verbaut worden. Das heißt, dass Holcim rund 30.000 Tonnen Zement geliefert haben. Wie schaffen Sie das, dass den Betonmischern niemals der Rohstoff ausgeht?

Wir haben dafür ein sehr flexibles und zuverlässiges Konzept aufgebaut. Zement ist ja nur ein Bestandteil des Betons – zusammen mit Wasser, Sand und Kies. Wir liefern den Zement in speziellen Silofahrzeugen zur mobilen Mischanlage unseres Auftraggebers KBK – Kies Beton Krebs GmbH & Co KG in der Nähe des Elbtowers. Dort stehen vier große Silos, die wir laufend versorgen. Am Tag machen sich im Durchschnitt bis zu acht Silo-Lastzüge von unserem Werk Lägerdorf auf den Weg. 

Im Dezember 2022 wurde die Sohle betoniert, seitdem wird in die Höhe gebaut – Ende des Jahres soll der Elbtower schon bis zu 100 Meter hoch sein. Ist das eigentlich immer der gleiche Zement, der verbaut wird? 

Nein, wir haben unterschiedliche Mischungen für die Sohle und den Hochbau geliefert. Die Elbtower-Sohle wurde ja im Dezember 2022 betoniert. Dafür haben wir einen speziellen Zement aus dem Schleusenbau genommen, der möglichst langsam fest wird. Bei einer drei Meter dicken Sohle können nämlich enorme Spannungen und Risse entstehen, wenn der Beton zu schnell aushärtet. Außerdem durfte dabei nur wenig Wärme entstehen. Im normalen Aushärtungsprozess wird der Beton in so einer mächtigen Platte bis zu 70° Grad heiß. Wenn dann in der Umgebung Frost herrscht, dann kommt es möglicherweise zu großen Spannungen im Material. Deshalb haben wir Low-Heat-Zement geliefert. Der erzeugt deutlich weniger Wärme und erhärtet langsamer, durch den geringen Klinkeranteil ist er außerdem gegenüber einem Standardzement viel weniger CO₂-intensiv.

Blick auf einen Zementofen

Wäre es nicht besser gewesen, die Bodenplatte im Sommer zu gießen? 

Nein, denn im Herbst und Winter lässt sich am besten betonieren, auch wenn die Außenbedingungen schwieriger sind. Im Sommer ist es zu warm, da kann es sogar vorkommen, dass der Frischbeton gekühlt werden muss, um die chemischen Reaktionen für die Aushärtung zu verlangsamen und die Wärmeentwicklung zu begrenzen.

Und was für ein Zement steckt im Hochbau?

Beim Klettern in die Höhe sind andere Eigenschaften gefordert, da müssen die notwendigen Festigkeiten schneller erreicht werden, damit die nächste Etage gebaut werden kann. Unser Zement hat einen höheren Anteil an Zementklinker. Der gemahlene Klinker ist das, was man gemeinhin unter Zement kennt und er wird aus Kalkstein, Mergelstein oder wie in Lägerdorf aus Kreide gebrannt. Der Zement ist “der Kleber” im Beton und sorgt für die Festigkeit. Die Außenbedingungen sind oft entscheidend bei der Auswahl der Baumaterialien. Deshalb kann es vorkommen, dass wir im Winter wieder eine andere Zementmischung nutzen, um bei Kälte gleich schnell weiter bauen zu können.

Wie wirken sich denn die enormen Unterschiede bei den klimatischen Bedingungen des Elbtowers auf den Zement und damit den Beton aus? Schließlich herrschen in großen Höhen im Hochsommer hohe Temperaturen, im Winter kann es gerade bei Wind und Kälte sehr tiefe Minusgrade geben … 

Diese Spannungen, die bei solchen Temperaturunterschieden im Material auftreten, lassen sich gut berechnen. Stahlbeton ist da ein perfekter Baustoff: Die Zugkräfte werden über die Bewehrung abgetragen, die Druckkräfte am Gebäude von oben nach unten übernimmt der Beton.

Bei der Nachhaltigkeit steht Beton oft in der Kritik, weil der Zement so energieaufwändig produziert wird. Gibt es Möglichkeiten, Zement nachhaltig zu erzeugen?

Ja, die gibt es durchaus. Wenn Zementklinker gebrannt wird, wird das CO₂ aus dem Gestein ausgetrieben. Je geringer der Klinkeranteil im Zement, umso besser für das Klima, kann man vereinfacht sagen. Deshalb ersetzen wir bei Holcim schon seit vielen Jahren so weit wie möglich Zementklinker durch Ersatzstoffe, zum Beispiel durch Hüttensand, ein Nebenprodukt der Stahlindustrie. Für Klimaneutralität müssen wir aber die Herstellung des Zements selbst verändern, denn Emissionen sind per se unvermeidbar.

Drohnenansicht eines Zement-Werks Lägerdorf

»Bei Beton macht Zement 80 Prozent der CO₂-Emissionen aus, Zement ist also ein großer Hebel beim CO₂-Fußabdruck. «

Dimitri StrohProduktmanager von Holcim
Dimitri Stroh im Portrait

Welche Ansätze verfolgen Sie dabei?

Zwei Drittel der CO₂-Emissionen von Zement entstehen bei der chemischen Umwandlung des Gesteins, wenn es gebrannt wird. Um diese Emissionen zu vermeiden, sind Carbon-Capture-Technologien notwendig. In jedem unserer drei Zementwerke in Deutschland verfolgen wir daher Projekte, um das CO₂ abzuscheiden – im Werk Lägerdorf sind wir dabei am weitesten. Hier wollen wir CO₂ zu einem wertvollen Rohstoff entwickeln, beispielsweise für die chemische Industrie, um Kunststoffe herzustellen.

Heute wollen viele Menschen in nachhaltigen Gebäuden leben und arbeiten. Aber legen auch die Bauherren viel Wert auf nachhaltigen Zement?

Der CO₂-Fußabdruck von Gebäuden wird immer wichtiger. Bei Beton macht Zement 80 Prozent der CO₂-Emissionen aus, Zement ist also ein großer Hebel beim CO₂-Fußabdruck. Schon beim Bau lässt sich mit dem richtigen Zement und Beton viel bewirken. Dafür aber müssen die Beteiligten mehr darüber wissen, wie der Baustoff die Nachhaltigkeit beeinflusst. Bei Ausschreibungen sollten klimafreundliche Lösungen gefördert statt wie heute noch oft ausgeschlossen werden.

Wie schlägt sich denn nachhaltiger Zement beim Elbtower nieder?

Bei der Sohle konnten wir durch die Wahl des Zements den CO₂-Ausstoß um rund 40 Prozent im Vergleich zum Standardportlandzement reduzieren. Auch hier ist der größte Schlüssel Hüttensandmehl gewesen, das bei allen Zementen unserer ECOPlanet Serie Klinker ersetzt.

Was haben Sie gedacht, als Sie den Auftrag für den Elbtower bekommen haben?

So etwas ist immer was Besonderes, da schlägt das Herz schneller. Solch ein Prestigeprojekt ist eine große Herausforderung, die einen aus dem Tagesgeschäft heraus lockt. Wenn ich da jetzt vorbeifahre, dann erfüllt mich das mit Stolz.

Fotos © Holcim

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